Dezember 3, 2015

Da sind so viele Geschichten

Da sind so viele Geschichten 

Interaktive Wanderbank-Ausstellung in der Sparkasse Mainfranken eröffnet

 

 

Würzburg. „Kann das funktionieren?“ Nicht nur Würzburgs Bürgermeisterin Marion Schäfer-Blake war skeptisch, als das Projekt „Wanderbank“ vor einem Jahr startete. Doch es „funktionierte“ – und zwar sehr gut. Menschen, die einander völlig fremd waren, fanden auf der Wanderbank zueinander. Pensionisten und Schüler, Erfolgreiche und Gescheiterte, Humorvolle und Melancholische. Noch bis 18. Dezember gibt die Wanderbank-Ausstellung in der Sparkasse Mainfranken Einblick in ein facettenreiches Projekt.

 

 

Mit Menschen, die man nicht kennt, fängt man normalerweise nicht so einfach ein Gespräch an. Schon gar nicht ein Persönliches. Das könnte dem anderen unangenehm oder lästig sein. Man könnte barsch abgewiesen werden. „Es gibt wie eine Art unsichtbare Barrikade“, konstatierte Bernd Fröhlich, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse, der die interaktive Ausstellung am Donnerstag eröffnete. Eigentlich schade: „Denn auf diese Weise entgeht uns einiges.“

 

 
Alles durfte ein Jahr lang auf der durch Würzburg tourenden Wanderbank erzählt werden: Tatsachen und Träume, Geschichten aus der Vergangenheit und Visionen für die Zukunft. Die Wanderbank selbst ist mit einem großen Traum verknüpft, so Helmut Fries, Vorsitzender des Fördervereins der Bahnhofsmission Würzburg, der das Projekt trägt. Und zwar mit dem Traum, dass die Bank in den aktuell unruhigen Zeiten ein Ort der Versöhnung und der Verständigung wird. „Ich wünschte mir, dass Politiker öfter eine solche Bank zur Verfügung hätten, um zu erkennen, was jetzt Not tut“, erklärte Fries mit Blick auf die Syrienkrise und den Flüchtlingszustrom.

Nicht nur der Bahnhof ist ein sozialer Brennpunkt

 

 

 
Für Geschichtensammlerin Anne Walz war die Wanderbank ein Ort ständiger Neuentdeckungen. „Man wird so oft überrascht von dem Gegenüber, das da sitzt und erzählt“, sagte sie bei der Vernissage. Mit der Einrichtung Bahnhofsmission hat die Wanderbank nach ihren Worten eine Menge zu tun: „Menschen kommen aus Notsituationen heraus in die Bahnhofsmission, weil sie reden und Nähe spüren möchten.“

 

 
Noch sehr viel mehr Menschen, hat Anne Walz in den vergangenen Monaten erfahren, bräuchten dringend einmal jemand, der ihnen zuhört. Viele Leute sind einsam: „Und Einsamkeit macht krank.“ Das Projekt Wanderbank will für das Bedürfnis, einander zu erzählen, sensibilisieren. Und es fordert dazu auf, einmal einem anderen Menschen zuzuhören. Ohne Vorurteile. Ohne Misstrauen. Auch wenn dieser andere ein „wildfremder“ Mensch ist.
Wie groß die Sehnsucht von Menschen ist, sich einmal jemanden rückhaltlos anzuvertrauen, hat auch Hedwig Gappa-Langer, Referentin für Bahnhofsmissionen beim katholischen Verband „In Via“, schon oft erfahren. Gappa-Langer nahm an der Vernissage in Würzburg teil, weil sie mit den Künstlerinnen Christiane Huber und Sanne Kurz das Ursprungskunstprojekt „Wanderbank“ initiierte. Dass dieses Projekt in Würzburg einen eigenen Ableger fand, ist für die Referentin äußerst begrüßenswert.

 

 

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die Wanderbank, mit der Anne Walz ein Jahr lang durch Würzburg zog. Über Kopfhörer erfahren die Besucher eine von etlichen Geschichten, die Anne Walz gesammelt hat. Über ein Video ist eine weitere Geschichte zu sehen und zu hören – Anja Dyes war bereit, ihre Lebensgeschichte ein ganzes Stück weit preiszugeben. Andere Geschichten sind nur durch ein Zitat angerissen. Oder durch eine kurze Erzählpassage. Die alles andere als überladene Ausstellung weckt den Wunsch, in die Welt hinauszuziehen, um selbst Geschichten zu hören. Auf der nächsten Parkbank. In der Straßenbahn. Im Bus oder Zug. Oder beim Arzt im Wartezimmer.

 

 
Die Ausstellung ist noch bis 18. Dezember im Foyer der Sparkasse Mainfranken (Hofstraße 7-9) zu den üblichen Schalteröffnungszeiten zu sehen.

November 23, 2015

Von Absturz und Höhenflügen

Von Absturz und Höhenflügen

Projekt „Wanderbank“ präsentiert ab dem 30. November eine interaktive Ausstellung

 

 

Würzburg. Sie hatte keine Schuhe an den Füßen, eine wilde Frisur und abgerissene Klamotten an. So saß sie auf der Bank und begann, von sich zu erzählen. Von Drogen. Freiern. Entziehungskuren. Geschichtensammlerin Anne Walz vom Würzburger Wanderbank-Projekt hörte zu und machte sich Notizen. Was ihr die Punkerin erzählte, ist in einer interaktiven Ausstellung ab 30. November in der Sparkasse Mainfranken zu hören. Offizielle Eröffnung ist am 3. Dezember um 16 Uhr.

 

 

Seit einem Jahr ist Anne Walz mit der Wanderbank in Würzburg unterwegs. Um die 150 Geschichten hat sie inzwischen gesammelt. Traurige, bedrückende, komische, erheiternde und bemerkenswerte Erzählungen aus dem Leben ganz unterschiedlicher Menschen. Junge und alte Leute saßen neben ihr. Gutsituierte und Arme. Menschen, die viel herumgekommen sind, und solche, die kaum einmal aus Würzburg herauskamen.

 

 

Etwa 50 Geschichten sind inzwischen schriftlich fixiert. Unter der Überschrift „Begegnungen“ wird der Förderverein der Bahnhofsmission Würzburg, der das Projekt trägt, Passagen aus den Biografien in der Sparkasse präsentieren. Mehrere Geschichten sind außerdem in einer Broschüre nachzulesen.

 

 

Die Idee für das Projekt Wanderbank stammt aus München. Im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft der Kirchlichen Bahnhofsmissionen haben die Künstlerinnen Christiane Huber und Sanne Kurz das Format „Wanderbank“ entwickelt und durchgeführt. Gefördert wurde dies zudem vom bayerischen Sozialministerium. So tourte die Bank durch Bayern und war in Städten wie München, Ingolstadt, Passau, Aschaffenburg und Schweinfurt anzutreffen.
Auch in Würzburg machte die Wanderbank Station. Die Idee, Menschen eine Möglichkeit zu geben, ganz frei ihre Geschichte zu erzählen, faszinierte dort so sehr, dass sich der Förderverein der Bahnhofsmission Würzburg entschloss, einen eigenen Projektableger zu etablieren.

 

 

Seither stand die Wanderbank in und vor dem Bahnhof, in der Stadtbücherei, vor der Bahnhofsmission, auf dem Sternplatz, der Alten Mainbrücke, dem Marktplatz und an vielen anderen Orten. Was die hölzerne Bank bewirkt, ist für Anne Walz verblüffend: „Menschen beginnen plötzlich, einem anderen, völlig fremden Menschen ihre Lebensgeschichte zu erzählen.“ Mit Details, die womöglich noch nicht einmal der eigene Lebensgefährte so genau kennt.

 

 

 

 

Durch das soziokulturelle Projekt erlebte die Geschichtensammlerin, wie groß das Bedürfnis von Menschen ist, sich mitzuteilen. Und zwar ohne Gefahr zu laufen, vom Gegenüber einen Rat, einen Kommentar oder gar einen eiligen Trost zu erhalten. Auf der Wanderbank wird nur zugehört. Mehr nicht. Aber das ist sehr viel.

Bahnhofsmission Würzburg: Multikulturelle Gesellschaft

 

Ein Zweites lernte Anne Walz: Von außen sieht man keinem Menschen an, welche Geschichte hinter ihm liegt. Genau das werden die Ausstellungsbesucher anhand einer drehbaren Säule erfahren. Die Säule ist in drei Segmente unterteilt, die jeweils für sich gedreht werden können. Das untere Segment zeigt Illustrationen von Christian Schuster, der, leicht verfremdet, um niemanden bloßzustellen, mehrere Gesprächspartner von Anne Walz zeichnete. Im mittleren Segment sind Auszüge aus den Lebensgeschichten zu lesen. Schließlich gibt es ein Segment mit Zitaten. Zu welcher Lebensgeschichte passen wohl welche Illustration und welches Zitat?

 

 

Auch einen Film wird es geben. Zwei angehende Kommunikationsdesignerinnen der Fachhochschule haben ihn gedreht. Der Film erzählt von Anja, einer Frau Anfang 50, der die Welt einst offen stand. Sie studierte in Deutschland und den USA englische Literaturwissenschaft. Dann wurde sie krank, sie begann, an Depressionen zu leiden. Das Studium belastete sie. Die Situation wurde so schwierig, dass es ihr gerade noch möglich war, den Abschluss zu machen. Dann rutschte die Akademikerin in Armut und ins gesellschaftliche Abseits.

 

 

 

 

Mit der aufwändig gearbeiteten Broschüre, deren Druck von der Unternehmensgruppe Koenig & Bauer finanziert wurde, legt der Förderverein der Bahnhofsmission begleitend zur Ausstellung eine eindrucksvolle Dokumentation vor. Eine Frau erzählt darin von ihrer alkoholabhängigen Mutter. Ein alter Mann berichtet, wie er nach dem Krieg Kaffee über die Schweizer Grenze schmuggelte. Einer Frau begegnete Anne Walz nach einem Jahr wieder. Sie hatte ihren Traum, von dem sie beim ersten Mal erzählte, realisiert, und war zwischenzeitlich den gesamten Jakobsweg gepilgert.

 

 

Die Ausstellung wird vom 30. November bis 18. Dezember im Foyer der Sparkasse Mainfranken (Hofstraße 7-9) zu den üblichen Schalteröffnungszeiten zu sehen sein.

 

 

Oktober 12, 2015

Mal amüsant, mal berührend

Mal amüsant, mal berührend

Benefizgala des Fördervereins der Bahnhofsmission begeistert im Bockshorn

 

Würzburg. Mit einem temperamentvollen „Olé!“ wurde sie eröffnet, die zweite Benefizgala, die der Förderverein der Bahnhofsmission am Sonntag im Theater Bockshorn organsierte. Über 250 Besucher ließen sich von Würzburger Künstlerinnen und Künstlern begeistern. Doch nicht nur die dargebotenen Songs, Jazzstücke, Tanzeinlagen und Comedy-Appetizer faszinierten. Auch das Engagement der Bahnhofsmission und ihres Fördervereins stieß auf lebhaftes Interesse.

 

 

Abermals gelang es dem Team des Fördervereins mit Helmut Fries an der Spitze, in Kooperation mit Comedy-Künstlerin Heike Mix ein spannungsreiches Programm auf die Beine zu stellen. Tänzerisch begeisterten die Flamencodamen um Manuela de Cartuja, das Ballett des Mainfrankentheaters mit Anna Vita mit einem Ausschnitt aus Carmen, sowie im furiosen Finale die Breakdancer von DanceEncore. Tosenden Applaus erntete Jazzklarinettist Matthias Ernst alias Mister Clarino zusammen mit dem genialen Gitarristen Hyun-Bin Park. Nachdenklich machte Würzburgs Kulturreferent Muchtar Al Ghusain mit einem selbstgeschriebenen Song, der in berührender Weise auf die aktuelle Flüchtlingsthematik eingeht, und Anne Kox-Schindelin zauberte mit ihrer Harfe eine Sternstunde für die Bahnhofsmission.

Den Comedy-Part bestritten diesmal Sebastian Reich mit seinem sprechenden Nilpferd Amanda sowie Florian Hoffmann von TBC. Sämtliche Künstler traten ohne Gage auf. Der gesamte Erlös der Gala fließt der Bahnhofsmission zu.

 

 

 

 

Vor allem die Fortbildung der Ehrenamtlichen wird diesmal unterstützt. Wie wichtig es ist, die freiwillig in der ökumenischen Christophorus-Einrichtung tätigen Mitarbeiter fortzubilden, verdeutlichte Galagast Maria Schmid. Die Sozialpädagogin trifft sich viermal jährlich mit den Ehrenamtlichen aus der Bahnhofsmission. „Dabei geht es um problematische Klienten“, sagt sie. Schmid vermittelt Strategien, wie die Ehrenamtlichen mit der großen Zahl an psychisch kranken und suchtkranken Klienten umgehen können. Auch das mitunter fordernde Auftreten der Männer ist Gegenstand der Fortbildung.
Was die Bahnhofsmission tut, wusste Benefizgast Gustav Wohlrab aus der Zeitung: „Dort lese ich regelmäßig die Anzeigen des Fördervereins.“ Auch Wohlrab ist ehrenamtlich tätig, und zwar engagiert er sich als rechtlicher Betreuer: „Durch dieses Engagement weiß ich auch, dass es hier in Würzburg tatsächlich Armut gibt.“ Die Zahlen, die auf dem ausliegenden Flyern im Bockshorn-Theater präsentiert wurden, setzten ihn dennoch in Erstaunen: „Hier steht, dass die Bahnhofsmission täglich mehr als 100 Kontakte hat, vor allem zu Bedürftigen. Das kann ich kaum glauben.“

 

 
Ulrike Grüner kam über die Hoffnungskirche in Versbach auf die Idee, die Benefizgala zu besuchen: „Unser Pfarrer hat uns auf die Veranstaltung verwiesen, er meinte, sie kommt einem sinnvollen Zweck zugute.“ Grüner kam einmal bei einer Fahrt zur Reha mit der Bahnhofsmission in Berührung: „Ich sah, wie Mitarbeiter der Bahnhofsmission einer Mutter mit drei kleinen Kindern, die ebenfalls zur Reha gefahren ist, beim Zugwechsel halfen.“ Das fand sie klasse. In welchem Maße die Bahnhofsmission Menschen in prekären Lebenslagen hilft, war ihr bisher unbekannt.

 

 
Auch Dekanin Edda Weise nahm an der Benefizgala teil: „Es ist für mich selbstverständlich, die Arbeit der Bahnhofsmission zu unterstützen.“ Sie hält die ökumenische Einrichtung besonders wichtig für Frauen: „Nur hier finden sie Tag und Nacht Hilfe.“ Aber gerade auch für Menschen ohne Zuhause sei die Bahnhofsmission eine wichtige Zufluchtsstätte: „Wer den ganzen Tag auf der Straße ist, braucht manchmal eine Auszeit, braucht einen Raum, um zur Ruhe kommen zu können.“ Einen solchen Raum biete die Bahnhofsmission.

 

 

Dass sich der Förderverein, allen voran sein Vorsitzender Helmut Fries, seit zehn Jahren intensiv um die Bahnhofsmission kümmert, sei bewundernswert. Weise: „Es ist unglaublich, was der Verein alles auf die Beine stellt.“ Dem stimmte Bürgermeister Adolf Bauer, selbst Mitglied des Fördervereins, voll und ganz zu.

 

 

 

Zu den Unterstützern der Benefizgala gehörte nicht zuletzt Bockshorn-Chef Mathias Repiscus. Selbstverständlich stellte er sein Theater neuerlich unentgeltlich zur Verfügung. „Die Bahnhofsmission hat eine wichtige Funktion in unserer Gesellschaft, wo immer noch Menschen, egal aus welchen Gründen, in Armut leben“ erklärte er. Viele seien vom Schicksal gebeutelt: „Sie gerieten in eine unglückliche Situation und kommen nicht wieder heraus.“ Die Bedeutung der Bahnhofsmission wird nach seinen Prognosen mit Blick auf die Flüchtlinge, die nach Würzburg kommen, weiter wachsen.
Auch JVA-Direktor Robert Hutter mischte sich unter die Galagäste. „Wir arbeiten sehr gut mit der Bahnhofsmission zusammen“, erklärte er. So organisierten die Mitarbeiter immer wieder Heimfahrten von Gefangenen mit Handicaps.

Oktober 12, 2015

10 Jahre engagiert für die Bahnhofsmission

10 Jahre engagiert für die Bahnhofsmission

 

 

Einrichtungen wie die Bahnhofsmission in Würzburg leben von Menschen, die bereit sind, sich zu engagieren und sich ehrenamtlich mit ihrer Persönlichkeit und ihren Ideen einzubringen. Die 68 jährige Christa Rüger tut dies nun schon seit 10 Jahren für die Bahnhofsmission. Sie übernimmt einmal wöchentlich einige Stunden Dienst vor Ort und engagiert sich ebenso lange im Förderverein der Bahnhofsmission, der in diesem Herbst sein 10 jähriges Jubiläum feiert.

 

 

Fragt man Christa Rüger nach der Motivation für ihr Engagement nach 43 Berufsjahren, so antwortet sie mit einem Schmunzeln im Gesicht: „Ich wollte in meinem Ruhestand einfach nicht jeden Tag meinen Wohnzimmertisch abstauben und so habe ich mir eine Aufgabe gesucht, die mir Spaß und Freude bereitet und die sinnvoll ist.“ Und natürlich motivierte sie auch ihre Glaubenseinstellung. Mit einem Augenzwinkern sagt sie: „Ich bin noch rüstig und könnte bestimmt noch über einen 9-Loch Golfplatz laufen, aber das mache ich sicherlich nicht.“
Dabei war am Anfang noch nicht klar, wo sie sich mit ihren Ideen und mit ihrer Energie einbringt. Viele karitative Organisationen in Würzburg standen zur Disposition. „Bei der Bahnhofsmission bin ich eigentlich nur durch Zufall gelandet, weil in meinem Bekanntenkreis eine Spendenaktion für die Bahnhofsmission unterstützt wurde. Da habe ich mir gedacht, die Bahnhofsmission kennst du eigentlich gar nicht, das schaust Du Dir mal an.“ Sie hat es sich angeschaut und ist geblieben; mittlerweile seit 10 Jahren!

 

 

Über ihren Aufgabenbereich sagt sie: „Ich sehe meinen Dienst so, dass ich mich um die anfallende Arbeiten kümmere, wie an der Theke Essen ausgebe, Tee ausschenke, Betten ab- und frisch überziehe, die ja nahezu täglich vergeben werden. Und dann natürlich auch die Abholungen am Gleis: Seien es die älteren Menschen mit dem Rollator oder auch mal jemand mit Rollstuhl, die Mütter mit den Kinderwägen, blinde Menschen denen geholfen werden muss. Nachdem bei uns im Bahnhof kein Aufzug da ist, ist es wichtig, dass diese Leute gut von Gleis A nach Gleis B gebracht werden. Und dann sehe ich meine Aufgabe auch ganz einfach darin, da zu sein für Ältere oder für Jüngere, wenn man merkt, die suchen ein Gespräch. Aber ich werde mich hüten, gute Ratschläge zu erteilen, denn manchmal ist es einfach nur wichtig, dass man zuhört und vielleicht Hilfe anbietet dahingehend, dass man sie weiter vermittelt oder eben einen Hauptamtlichen holt, der das dann in die Hand nimmt. Ich bin ja erst wieder in einer Woche da und wer weiß, was bis dahin ist……… Ich bringe auch gern den Abfall weg, denn das sind ja alles Dinge, die gemacht werden müssen und da bin ich mir nicht zu schade dafür.“

 

 

Für Christa Rüger ist das Zusammenspiel zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen wichtig, damit die Besucher der Bahnhofsmission die Hilfe, Beratung oder auch Zuwendung erfahren, die sie in diesem Moment brauchen.

 

 

 

 

10 Jahre lang ist sie nun bei der Bahnhofsmission engagiert und auf die Frage, was es denn sei, dass sie so lange geblieben ist und sich gerade in diesem Arbeitsfeld engagiert, sagt sie: „Zum einen sind es die Menschen, die zu uns in die Bahnhofsmission kommen. Manche kenne ich nun schon seit 10 Jahren. Und dann ist es die Zusammenarbeit mit den Kollegen und Kolleginnen. Was ich da in diesen 10 Jahren an jungen Menschen kennengelernt habe! Früher war es so, da hatte man einen festen Kollegenkreis, zu manchen hat man bis heute noch private Verbindung. Heute ist die Kontinuität nicht mehr so gegeben, die Struktur hat sich einfach verändert.

 

 

Oft sind die jungen Leute nur kurz da, dann gehen sie zum Studium weg oder ins Ausland. Aber gerade diese Begegnungen sind etwas, was mich bei jedem Dienst wieder neu fasziniert. Die jungen Leute lernen von mir und ich lerne von ihnen. Natürlich tut es auch gut, von den Besuchern immer mal ein Feedback zu bekommen wie „Danke für die Hilfe.“ – oder „Mensch, euer Tee schmeckt immer so gut.“ Das hilft über die Nörgler, denen man es nie recht machen kann, hinweg zu schauen.

 

 

Über ihren Dienst bei der Bahnhofsmission hinaus engagiert sich Christa Rüger auch im Förderverein der Bahnhofsmission. „Der Vorsitzende Helmut Fries hat mich damals gefragt, als ein Schriftführer gesucht wurde. Da dachte ich, okay, Steno und Schreibmaschine, damit habe ich mein Geld verdient., das kann ich, mach ich. Und es macht auch großen Spaß, sich hier einzubringen. Wir stellen ja als Förderverein einiges auf die Beine.“ Die vordringlichste Aufgabe des Fördervereins ist es, Ehrenamtliche für ihre Arbeit fortzubilden um sie in ihrem Dienst zu unterstützen. Dabei werden vor allem Seminare, Supervisionen und Teamtreffen finanziert. Dieses Engagement kommt dann wieder den Klienten zugute. Auch ist dem Förderverein die finanzielle Unterstützung des Nachtdienstes ein besonderes Anliegen, um Frauen in Not Zuflucht und Schutz zu gewähren.

 

 

Wenn man Christa Rüger fragt, was sie der Bahnhofsmission in den nächsten 10 Jahren wünscht, nennt sie zunächst, „dass die Finanzierung der Arbeit gesichert ist, so dass weiterhin Menschen kommen können und Hilfe erfahren.“ Aber sie wünscht sich auch, „dass sich weiterhin Menschen in der Bahnhofsmission engagieren, so dass die Aufgabe auf viele Schultern verteilt bleibt.“ Ob sie selbst die nächsten 10 Jahre noch mit gestaltet? Christa Rüger lacht: „Nein, 10 Jahre sicherlich nicht, dann gehe ich ja auf die 80 zu. Irgendwann habe ich wahrscheinlich nicht mehr die Kraft einen Kinderwagen die Treppen hoch bzw. runter zu tragen oder einen Rollstuhl die Rampe hochzuschieben.“ Vielleicht wird sie ja dann Zeit haben um ihr großes Vorhaben umsetzen zu können: „Ich bin ja noch an einem Vormittag in einem Kindergarten tätig und dieser Dienst ist natürlich mindestens genau so spannend wie der in der Bahnhofsmission. Bunter könnte sich mein Rentenleben eigentlich gar nicht darstellen, somit ich habe das Gefühl – und vielleicht gelingt mir das sogar – dass ich irgendwann mal ein Büchlein schreibe mit dem Titel: „So geht Rente!“

Juli 26, 2015

Picknick für Passanten und Punks

Picknick für Passanten und Punks

Das jüngste Event des Fördervereins Bahnhofsmission war ein voller Erfolg

 

Würzburg. Julian hat Stachelnieten auf der Kappe, um den Hals, am Arm. Schaut irgendwie gefährlich aus. Dabei ist der 21-Jährige ungemein freundlich, kommt man mit ihm ins Gespräch. Allerdings passiert das selten. „Die meisten reagieren unfreundlich auf mich“, sagt der junge Mann, dessen Lebensmittelpunkt seit sechs Jahren der Bahnhof ist. Am Sonntag war das anders: Der Förderverein Bahnhofsmission veranstaltete ein Picknick am Bahnhof. Julian wurde herzlich willkommen geheißen.

 

 

Menschen aus allen Schichten zusammenzubringen, diese Idee steckte hinter dem Begegnungspicknick auf der Wiese vor dem Kiliansbrunnen, erzählte IT-Berater Johannes Hasler, der sich seit März für den Förderverein Bahnhofsmission engagiert. Eingeladen waren die Würzburger Bevölkerung, Reisende, die auf ihren Zug oder Bus warten mussten, die Besucher der Bahnhofsmission und die Punks vom Bahnhofsvorplatz, um die sich die Streetworker des „Underground“ kümmern.
„Geh arbeiten!“, gehört zu den Sprüchen, die Julian bis zum Überdruss kennt. Keiner fragt ihn, warum er denn nicht arbeitet. Julian hat psychische Probleme. „Depressionen, Suizidgedanken, Borderline“, zählt er auf. Deswegen war er auch schon in der Psychiatrie in Werneck. Eine Lehre hat er mal begonnen, in Hauswirtschaft: „Aber wieder abgebrochen.“ Julian lebt vom Schnorren: „Und manchmal geh ich in die Bahnhofsmission, für Essen und Tee.“

 

 
Joshua Königer kennt viele der Punks vom Bahnhofsvorplatz. Einige bezeichnet der Musiker, der beim Begegnungspicknick für den Förderverein zur Gitarre griff, als seine Freunde. Die meisten blieben da für ein paar Monate, für ein oder zwei Jahre, dann kehrten sie in ein geregeltes Leben zurück, weiß er: „Meine Mam hatte auch dazugehört. Für etwa drei Jahre.“
Schicksale, wie sie Julian oder Joshua schildern, waren Johannes Hasler bis vor wenigen Monaten fremd. Natürlich wusste er vage, dass es Menschen gibt, die in prekären Umständen leben. Doch erst seit Juni ist er, neben seiner Arbeit im Förderverein, auch in der Bahnhofsmission selbst als Ehrenamtlicher aktiv. Menschen zu treffen, die keinerlei Perspektive in ihrem Leben haben, die sich zum Teil völlig gehen lassen und in der Sucht verlieren, das sei anfangs höchst „ungewöhnlich“ gewesen.

 

 

 

 
Ich finde, wir haben für diese Menschen eine Verantwortung“, meinte Kathrin Lewandowski, die Julian gerade einen Teller mit vegetarischen Leckereien reicht. Die Geschäftsfrau aus Eibelstadt ist ebenfalls im Förderverein engagiert: „Ich kümmere mich um das Sponsoring.“ Für das Begegnungspicknick kreierte sie Käse-Trauben-Spieße und einen Tomaten-Feta-Salat. Außerdem gab es jede Menge Gebäck, das Würzburger Bäckereien spendierten, sowie mehrere Eimer mit Obstsalat von den Wirtschaftsjunioren.

 

 
Auf einer der Decken rund um den Kiliansbrunnen ließ sich eine 34 Jahre alte Besucherin der Bahnhofsmission ein Stück Kuchen schmecken. Dass der Förderverein ein Begegnungspicknick veranstaltete, fand sie „saucool“. Für die schwer körperlich und seelisch kranke Frau war es absolut grandios, als sich eine ihr unbekannte Dame zu ihr auf die Decke setzte und begann, sich mit ihr locker zu unterhalten. „Sie lebt in Berlin, kommt aber dreimal im Jahr nach Würzburg, um an einem Seminar im Benediktushof teilzunehmen“, erfuhr sie.
Für die 34-Jährige ist eine solche Begegnung etwas ungemein Kostbares: „Ich bin oft wahnsinnig alleine.“ Aus diesem Grund besucht sie auch mindestens einmal in der Woche die Bahnhofsmission: „Ich mag die Mitarbeiterinnen dort so gerne.“ Sie hätten immer ein offenes Ohr für sie. Seien immer bereit für eine Begegnung.

 

 
Entstanden ist die Idee, ein Begegnungspicknick zu veranstalten, innerhalb der Projektgruppe des Fördervereins, erläuterte Projektgruppenleiter Helmut Fries. Auf eine neue Art und Weise sollte eine Möglichkeit geschaffen werden, dass sich Menschen begegnen, die sich im Alltag nicht über den Weg laufen. Das Konzept ging voll und ganz auf. Auf den Decken tummelten sich ohne Unterschied Passanten und Punks, Reiche und Arme. Jeder erfuhr ein bisschen vom anderen. Und verstand ein bisschen besser, wie der so lebte. Und warum.

Julian, der sonst viel Feindseligkeit erfährt, wurde beim Begegnungspicknick des Fördervereins Bahnhofsmission herzlich aufgenommen. 

Juli 20, 2015

Ab auf die Wiese – Würzburg picknickt!

Ab auf die Wiese – Würzburg picknickt!

Ein Experiment am Kiliansbrunnen vor dem Bahnhof.

 

 

Würzburg, Juli 2015: Der Förderverein der Bahnhofsmission Würzburg organisiert am Sonntag den 26. Juli 2015 von 14 bis 17 Uhr ein Picknick rund um den Kiliansbrunnen auf der großen Wiese vor dem Bahnhof.

 

Jede(r) ist willkommen

 

Die Idee ist ein gemeinsames Picknick mit heiteren Gesprächen zwischen Menschen, die sich unter normalen Umständen nur selten begegnen. Jeder, der die Möglichkeit hat, bringt etwas mit und dann wird geteilt – Essen und Trinken, Zeit und Gespräche.
Es ist ein Experiment mit offenem Ausgang: Lassen sich die Würzburger einladen? Sind sie bereit, für Fremde und Unbekannte etwas vorzubereiten? Wie viele Menschen nehmen die Gelegenheit wahr und kommen neugierig auf die anderen zu, die auch da sein werden?

 

 

Die Vorbereitung übernimmt der Förderverein der Bahnhofsmission. Für einen Grundstock an leckerem Essen, Buffet-Tische, Teller, Besteck, alkoholfreie Getränke ist gesorgt. Sommerlaune und entspannte Stimmung wird Josh Königer von der Band „Empire of Dirt“ mit seiner Gitarre verbreiten.
Wünschenswert wäre, dass am Ende die Tische reich gedeckt sind und ein buntes Volk den Bahnhofsvorplatz belebt.

 

 

Passende Speisen zum Mitbringen:
– Fingerfood wie Sandwiches, Kanapees, herzhaftes Gebäck, Party-Spieße
– Kuchen und Muffins
– Salate

 

 

Auf Lebensmittel, die bei hohen Temperaturen schnell verderben, muss leider verzichtet werden.
Helfende Hände und zusätzliche Picknickdecken, Kühlboxen sowie sonstige Picknickutensilien sind immer willkommen. Auch verborgene Musiktalente, die sich spontan entschließen und für Stimmung und wohlige Klänge sorgen.

 

 

Die Aktion dient auch dazu, auf die Arbeit der nahegelegenen Bahnhofsmission aufmerksam zu machen. Für alle Interessierte gibt es Führungen und Informationen zu Geschichte und Auftrag der Institution.

 

 

Machen Sie mit bei diesem einmaligen Experiment in Würzburg. Bei schlechtem Wetter muss der Förderverein das Picknick leider ersatzlos absagen! Informationen gibt es rechtzeitig auf www.bahnhofsmission-wuerzburg.de oder der Facebook-Seite des Fördervereins der Bahnhofsmission.

 

April 20, 2015

Was der Spion-Spiegel zeigt

Was der Spion-Spiegel zeigt

Der „Tag der Bahnhofsmission“ lädt Passanten am 18. April zum „Blickwechsel“ ein

 

 

Würzburg. Sie sind wie alte Bekannte, die Heiligenfiguren auf der Mainbrücke. Tausend Mal ging man schon an ihnen vorüber. Tausend Mal hat man sie schon gesehen. Doch wie heißen sie eigentlich gleich noch mal? Und wie sehen sie ganz genau aus? Beim „Tag der Bahnhofsmission“ werden Passanten die Brückenheiligen für einen Augenblick genau betrachten. Und feststellen: Es lohnt sich, ganz genau hinzugucken. So genau, wie das die Bahnhofsmission tagtäglich in ihrer Arbeit tut.

 

 

Blickwechsel“ lautet das Motto des diesjährigen „Tags der Bahnhofsmission“ am 18. April. In Würzburg hat man sich für diesen Aktionstag etwas ganz Besonderes ausgedacht. „Wir werden mit der Wanderbank als Requisit durch die Stadt ziehen“, verrät Anne Walz, Leiterin des vom Förderverein der Bahnhofsmission getragenen Projekts „Wanderbank“. Sieben Stationen wird es geben. An jeder hat der „Blick-Wechsel“ eine eigene Bedeutung.

 

 
So werden Passanten auf der Alten Mainbrücke unter dem Motto „Blickpunkt“ aufgefordert, auf der Wanderbank Platz zu nehmen und durch eines der bereitliegenden Ferngläser zu blicken. Etwa auf einen Brückenheiligen. Der Aha-Effekt lässt garantiert nicht auf sich warten: Ja, es ist gut, im Getriebe und der Oberflächlichkeit des Alltags einmal stehen zu bleiben und das, was des Weges kommt, genau in den Blick zu nehmen. Um zu besseren Urteilen zu gelangen. Um zu würdigen, was der oberflächliche Blick übersieht.

 

 
Am Vierröhrenbrunnen werden besondere „Spion-Spiegel“ die Wanderbank bestücken. Wer durch sie hindurchschaut, sieht nicht das, was direkt und offensichtlich vor ihm liegt. In dem Fall der Brunnen. Sondern etwas, was sich – außerhalb des Blickfelds – seitlich befindet. Die Domstraße etwa. Auch diese „Blickfang“ betitelte Erlebnisstation setzt prompt Erkenntnisprozesse in Gang. Wie oft wird nicht rechts und nicht links geschaut. Wie oft existiert nur das, was direkt vor den eigenen Augen liegt.

Um ein vollständiges Bild zu gewinnen, muss der Blick jedoch gewendet werden. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bahnhofsmission ist dies „Alltagsgeschäft“. Sie begnügen sich nicht mit dem, was auf dem ersten Blick wahrnehmbar ist. Um ein vollständiges Bild zum Beispiel von der Lebenslage eines Menschen zu gewinnen rücken sie ihren Blick ganz bewusst hin zu dem, was zunächst unsichtbar ist.

 

 

 

 
An einer weiteren Station auf dem Domplatz wird es zum Thema „Lichtblick“ darum gehen, ein zunächst unerkennbares Bild auf schwarzem Untergrund durch eine Art „Taschenlampe“ zu erhellen. Auch dies ist symbolisch für die Arbeit der Bahnhofsmission: Menschen, die in so verfahrenen Lebenssituationen stecken, dass ihnen alles nur noch Schwarz in Schwarz erscheint, erhalten durch die Gespräche mit den Mitarbeitern Lichtblicke, die ihnen Mut machen, sich aus ihrem momentanen, emotionalen Tal herauszuarbeiten.

 

 
Am unteren Marktplatz wird Heike Mix auf die Passanten warten. Sie hat unter dem Motto „Den Menschen im Blick“ ein Ratespiel im Gepäck, das animiert, sein Wissen über die Bahnhofsmission zu überprüfen. Außerdem wird eine prominente Persönlichkeit aus Würzburg von ihr auf der Wanderbank interviewt.

 

 
Der fantasievolle „Blickwechsel“ endet gegen 16.30 Uhr am Hauptbahnhof. Dort wird es einen „Aus-Blick“ auf das Wanderbank-Projekt geben. Zahlreiche Geschichten wurden dort inzwischen von Anne Walz eingefangen. Bei einer Ausstellung im Juni in der Stadtbücherei wird es einen ersten Einblick geben, was ganz unterschiedliche Menschen Anne Walz bisher erzählt haben. Im Dezember wird eine zweite, große Ausstellung in der Sparkasse Mainfranken organisiert.
Der „Tag der Bahnhofsmission“ ist eine bundesweite Veranstaltung. An diesem Tag machen Einrichtungen aus ganz Deutschland auf die große gesellschaftliche Bedeutung der Bahnhofsmissionen aufmerksam. Jeder kann einmal in die Situation kommen, wo er Unterstützung durch die Bahnhofsmission braucht.

 

 
Die Bahnhofsmission ihrerseits benötigt die Unterstützung durch die Menschen in der jeweiligen Stadt. Und zwar bei weitem nicht nur finanziell. Der „Tag der Bahnhofsmission“ dient nicht zuletzt dazu, Brücken zu schlagen und Blickwechsel zu ermöglichen zwischen Menschen, die in sozial annehmbaren Bedingungen leben. Und solchen, deren Dasein in mitunter unvorstellbarer Weise prekär ist.

Dezember 8, 2014

10.000 Euro für die Bahnhofsmission

10.000 Euro für die Bahnhofsmission

Werbegemeinschaft überreicht beim Würzburger Bahnhofskonzert großzügige Spende

 

 

Würzburg. Die Bahnhofsmission hilft bedingungslos. Egal, aus welchen Gründen sich ein Mensch in Not befindet. Diese Idee fasziniert – und findet immer mehr Förderer. Auch die Werbegemeinschaft der Geschäfte im Bahnhof wollte die Einrichtung aus diesem Grund unterstützen. Beim 11. Würzburger Bahnhofskonzert unter dem Motto „Menschen begegnen sich“ überreichte die Gemeinschaft am Freitag einen Scheck in Höhe von 10.000 Euro an den Förderverein Bahnhofsmission Würzburg.

 

 

Begeistert wurden die Musiker der Bigband der Bundespolizei München von Besuchern und Freunden der Bahnhofsmission empfangen. Zwei Stunden lang sorgten sie in dem von außen attraktiv blau illuminierten Bahnhofsgebäude mit Stücken wie „All of me“ „Chattanooga Choo Choo“, „Hello Dolly“ oder „Hay Burner“ für beste Unterhaltung. Dicht an dicht standen die Menschen gedrängt. Unterbrochen wurde das hervorragende Konzert von Gästen, die ihre Verbundenheit mit der Bahnhofsmission ausdrückten: Oberbürgermeister Christian Schuchardt, Elmar Hirsch vom Bahnhofsmanagement und Polizeioberrat Wolfgang Schäfer.

 

 

 

Auch einen Jongleur konnte Moderatorin Heike Mix begrüßen: Harry Hirsch verblüfte durch Kunststücken, die er in eine lustige Jonglagegeschichte einzubauen verstand. Wer zwischendurch reden wollte, durfte sich am anderen Ende der Bahnhofshalle zu Anne Walz auf die „Wanderbank“ der Bahnhofsmission setzen. In einem dicken Buch sammelt die Leiterin des Projekts „Wanderbank“ schöne, bewegende, traurige oder auch nachdenklich machende Geschichten von Menschen, die in Würzburg leben oder hier Station machen.

 

 
Während die Züge, die vom Bahnhof wegfahren, stets einer festgelegten Richtung folgen, ist das bei Menschen oft ganz und gar nicht der Fall. Es gibt Phasen, da scheint sich das Leben im Kreis zu drehen. Oder es kommt das Gefühl auf, in einer Sackgasse zu stecken. Manchmal auch ist plötzlich jedes Ziel aus dem Blickfeld verschwunden. Für Menschen in diesen Lebenssituationen ist die Bahnhofsmission da, so Helmut Fries, Vorsitzender des Fördervereins Bahnhofsmission Würzburg. Ganz besonders wichtig ist ihm, die Einrichtung der Christophorus-Gesellschaft weiterhin 24 Stunden lang offen zu halten: „Denn Frauen in Not finden nachts nur hier sofort Hilfe.“

 

 

Auch Michael kennt die andere Seite des Lebens – jene dunkle Seite, die in manchen Momenten zur Verzweiflung führt. Vor einem Jahr erkrankte der 51-Jährige an einem Hirnleiden. Seither ist Michael in vieler Hinsicht eingeschränkt. Schon zuvor war er arbeitslos. Im Augenblick geht seine Hoffnung, wieder einen Job zu finden, gegen Null.
Im Moment könnte sich Michael aber auch unmöglich länger auf eine Beschäftigung konzentrieren. Wobei er alles versucht, um die durch die Krankheit bedingten Defizite auszugleichen. Michael kommt täglich in die Bahnhofsmission, um Zeitung zu lesen. Das gibt ihm Struktur. Über die Bahnhofsmission kam er auch schon an Karten der Kulturtafel: „Neulich war ich im Chambinzky.“

Der Abend war unvergleichlich, die Atmosphäre klasse und wunderbar das Gefühl, in einem Theatersessel zu sitzen. Denn Theatergenuss kann sich Michael mit seinem Hartz IV-Geld ebenso wenig leisten wie er niemals den regulären Eintritt für ein so hochkarätiges Konzert, wie es die Bigband der Bundespolizei in der Bahnhofshalle bot, hätte berappen können. Am nächsten Tag erzählte er in der Bahnhofsmission begeistert von dem Theaterabend: „Die Bahnhofsmission, das ist inzwischen ein bisschen so etwas wie meine Familie.“ Auch an Heiligabend und an den Weihnachtsfeiertagen wird Michael hierherkommen.

 

 

Ute Schnabel gehört zu jener großen Gruppe von Menschen, die unbezahlt in der Bahnhofsmission Dienst tun. „Seit acht Jahren mache ich das“, lacht die sympathische Frau, die im Pavillon vor dem Bahnhof nicht nur Glühwein, Punsch und Plätzchen verkaufte, sondern auch über die Bahnhofsmission aufklärte. Zwar sage der Name „Bahnhofsmission“ den meisten Menschen etwas, erfuhr sie im Laufe des Nachmittags: „Doch viele haben einen falschen Eindruck.“ Sie glaubten, dass nur Wohnungslose in die Einrichtung kämen: „Dabei helfen wir allen Menschen in Not.“

 

 

Annette Ritter und Andreas Müller von der Werbegemeinschaft der Geschäfte im Bahnhof überreichten Helmut Fries vom Förderverein Bahnhofsmission Würzburg einen Scheck in Höhe von 10.000 Euro für den Nachtdienst der Einrichtung.

 

Juni 26, 2014

Bahnhofsmission Würzburg erfährt Unterstützung von vielen Seiten

Bahnhofsmission Würzburg erfährt Unterstützung von vielen Seiten 

 Pressekonferenz des Fördervereins der Bahnhofsmission ein voller Erfolg
Anonyme Spende über 10.000 Euro

 

 

Würzburg, Juli 2014: Auch Unterstützer benötigen Unterstützung! Unter diesem Motto fand die Pressekonferenz des Fördervereins der Bahnhofsmission Würzburg im Wappensaal des Würzburger Rathauses statt. Ziel war es, auf die finanzielle Situation der Bahnhofsmission aufmerksam zu machen und zur Unterstützung aufzurufen, um so die Träger der Bahnhofsmission, Caritas und Diakonie, bei der Finanzierung der Einrichtung zu entlasten.

 

Der Förderverein macht mobil

Mit einen neuen Auftritt und überarbeiteten Printmaterialien präsentierte Helmut Fries, 1. Vorsitzender des Fördervereins der Bahnhofsmission Würzburg, das Anliegen des Vereins und appellierte an Würzburger Bürger, Stiftungen und Unternehmen, die soziale Einrichtung am Bahnhof mit Spenden zu unterstützen. „Die Arbeit der Würzburger Bahnhofsmission ist enorm wichtig. Sie ist die einzige nächtliche Anlaufstelle für Frauen in Notsituationen und die einzige Einrichtung, die an allen 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr geöffnet ist. Aktuell ist die Nachtschicht gefährdet, weil Personal und damit rund 50 Wochenstunden fehlen“, so Fries.

 

Zahlreiche Fürsprecher

Damit die Bahnhofsmission Würzburg weiterhin den 24-Stunden-Service anbieten kann, unterstützen viele Würzburger den Förderverein bei der Spendenakquirierung und gaben bei der Pressekonferenz ein persönliches Statement ab. Auch Oberbürgermeister Christian Schuchardt ließ es sich trotz eines parallelen Termins nicht nehmen, auf die Wichtigkeit der Bahnhofsmission als Institution für Würzburg aufmerksam zu machen.

 

Große Spendenbereitschaft

Rund 55.000 Euro kostet die Gesellschafter allein die Finanzierung der Nachtschicht im Jahr. Um diese Mittel aufzubringen, wurde die Idee zur Patenschaft geboren. Unternehmen oder auch Privatpersonen können, je nach Spendenhöhe, Pate für einige Nächte oder einen ganzen Monat werden und bekommen dafür eine Urkunde als Unterstützer. Die Lewandowski GmbH, die Organisation Inner Wheel, die Evangelische Bürgerstiftung und Dr. Thomas Haberkorn durften sich vor Ort als Erste über diese Auszeichnung freuen.

 

 

Zusätzlich konnte Helmut Fries dem Leiter der Bahnhofsmission Michael Lindner-Jung einen Scheck über 15.500 Euro aus bereits gesammelten Spenden übergeben. Für eine Überraschung sorgte der Lions Club Würzburg West: Dessen Präsident Hans-Joachim Grassmann und sein Schatzmeister Dr. Klaus Friederich kamen nicht mit leeren Händen und überreichten dem Förderverein einen Spendenscheck über 1.500 Euro. Ein besonders großzügiger Spender, der jedoch nicht genannt werden möchte, versprach dem Förderverein eine Summe in Höhe von 10.000 Euro.

 

 

Viele weitere Aktionen zur Spendenakquirierung, die Überarbeitung der Website und eine Facebook-Page folgen in Kürze. Wir freuen uns auch über Ihre Unterstützung – egal ob persönlich oder finanziell.

 
Konto des Fördervereins bei der Liga Bank:
Förderverein Bahnhofsmission Würzburg e.V.
BIC: GENODEF1M05 (BLZ 750 903 00)
IBAN: DE97 7509 0300 0003 0102 28 (Konto 301 02 28)

April 14, 2014

Erstmals in der Bahnhofmission

Erstmals in der Bahnhofsmission

Ökumenische Einrichtung beteiligt sich an der Aktion „Würzburg liest ein Buch“

 

 

Dass die einen prunkvoll leben und andere gar nichts haben, ist ein altes Phänomen. Als besonders krass erlebten die Menschen in Würzburg diesen Unterschied nach dem Krieg. In „Die Jünger Jesu“ schildert Leonhard Frank die Diskrepanz zwischen den wenigen Reichen und den vielen Armen. Der Förderverein Bahnhofsmission, der sich an der Aktion „Würzburg liest ein Buch“ beteiligte, zeigte in beeindruckender Weise auf, wie viel die „Jünger Jesu“ mit der Arbeit der Bahnhofsmission zu tun haben.

 

 

Viele der Gäste, die gekommen waren, hatten noch nie auf einem der Stühle im Aufenthaltsraum der Bahnhofsmission gesessen. Sie erlebten am Freitagabend ein kleines bisschen mit, was die Bahnhofsmission tut. In der Pause tranken sie den Tee, der jeden Tag in der Bahnhofsmission ausgeschenkt wird. Und sie lernten Besucher kennen. Denn neben lokalen „Stars“ wie Oberbürgermeister Christian Schuchardt, Bürgermeisterin Marion Schäfer-Blake, Dekanin Edda Weise, Schauspieler Herbert Ludwig und BR-Moderator Eberhard Schellenberger lasen auch zwei Besucher. Toni und Peter hießen die beiden Männer, die Romanpassagen vortrugen.

 

 

Es geschah nicht oft, dass sich ein Autor direkt nach dem Krieg mit der Nachkriegssituation auseinandersetzte. Leonhard Frank tat dies – und er tat dies auf eine unter die Haut gehende, authentische Weise. Wer die unmittelbare Nachkriegszeit in Würzburg miterlebt hat, findet sich in den „Jünger Jesu“ wieder, so Zeitzeugin Hildegard Poschet.

 

 

 

 

Die „Jünger Jesu“ nahmen ihr Los nicht einfach hin. Sie kämpften. Und sie solidarisierten sich. Das war damals wirklich so, erklärte die 1928 geborene Würzburgerin: „Man hatte direkt nach dem Krieg tatsächlich alles geteilt, was man hatte.“ Poschet bestätigte auch, dass es jungen Frauen wie der im Roman geschilderten Johanna genauso erging, wie Leonhard Frank es dargestellt hat: „Mädchen, die mit Amerikanern gingen, waren sehr negativ angesehen.“ Man unterstellte ihnen, dass sie sich quasi für Kaffee und Zigaretten verkauften.

 

 

Der bittersüßen Lakonik von Leonhard Frank schickte Helmut Fries, Vorsitzender des Fördervereins Bahnhofsmission, die zugleich nüchterne wie packende Analyse der damaligen Situation der Bahnhofsmission voraus. Wie der Chronik der Einrichtung zu entnehmen ist, standen die Mitarbeiterinnen dem Massenelend am völlig zerstörten Bahnhof mit primitivsten Hilfsmitteln gegenüber. Von „millionenfachem Leid“, das durch die fränkische Heimat rollte, ist da zu lesen.

 

 

In Franks Roman fügen sich verschiedene Schicksale zu einem spannenden Mosaik. Eben dies kennzeichnet bis heute die von der ökumenischen Christophorus-Gesellschaft getragene Arbeit der Bahnhofsmission. Die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter haben es mit ganz unterschiedlichen, „bunten“ Schicksalen zu tun. Ihre Arbeit ist heute zwar völlig anders als direkt nach dem Krieg. Doch von ihrer Notwendigkeit hat die Bahnhofsmission keinen Deut eingebüßt.

Reichlich Applaus gab es für Toni und Peter, Besucher der Bahnhofsmission, die auf besonders lebendige Weise aus „Die Jünger Jesu“ vorlasen.